Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon hat seine Kritik an der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verschärft. Die EZB-Politik bedrohe nicht nur die Altersvorsorge vieler Bundesbürger, sie sei inzwischen auch dabei, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) am Mittwoch im RBB-Inforadio. "Wer Zins und Zinseszins ausschaltet, der legt im Grunde die Axt an grundlegende Zusammenhänge unserer Gesellschaft."
Es sei bedenklich, dass immer weniger Menschen wegen der Nullzinspolitik für die Zukunft vorsorgten, sagte Fahrenschon weiter. "Man hat ja fast den Eindruck, nachhaltiges Wirtschaften, vorsichtige Entscheidungen, Vorsorge zu betreiben, das alles solle sich nicht mehr lohnen - das geht in die falsche Richtung."
Auf dem 25. Deutschen Sparkassentag sagte Fahrenschon laut DSGV, die Negativzinspolitik berge auch erhebliche Risiken für die europäische Idee und das Vertrauen in den Euro. Die Sparkassen könnten alldem nicht einfach zusehen: "Wir tragen die Mission Sparen in uns." Daher stemmten die Sparkassen sich mit aller Kraft gegen diese "Fehlentwicklung". Das Bedürfnis der Kunden nach Sicherheit dürfe nicht ohne Not strapaziert werden.
Der Sparkassenpräsident versprach, dass die Sparkassen "alles tun, um die privaten Sparer vor Negativzinsen zu schützen - auch zu Lasten der eigenen Ertragslage". Halte der außergewöhnliche Zinszustand allerdings lange an, könnten auch die Sparkassen die Kunden nicht vor Negativzinsen bewahren.
Die Kritik an der Politik der EZB und ihrem Präsidenten Mario Draghi ist vor allem in Deutschland groß. Der Italiener hatte sich nach der letzten Ratssitzung vergangene Woche dagegen verwahrt. "Wir haben ein Mandat für die Sicherung der Preisstabilität in der gesamten Eurozone und nicht nur in Deutschland", sagte er. "Wir gehorchen dem Gesetz, nicht den Politikern, weil wir unabhängig sind."